Von Backfisch bis Bandsalat – wenn alte Wörter neue Geschichten erzählen

Die deutsche Sprache hat mehr zu bieten als die alltäglichen „cool“, „mega“ und „irgendwie“. Im Artikel „Bloß nicht nostalgisch werden – wenn Wörter in die Jahre kommen und veralten“ hatten wir uns schon mal auf eine Reise in die Vergangenheit der Sprache begeben und Begriffe wie „Backfisch“ und „Bandsalat“ wieder ans Tageslicht geholt. Ein Blick in das Vokabular vergangener Tage enthüllt allerdings noch viele weitere Begriffe, die fast so alt sind wie eine Großmutter (vielleicht sogar älter) – oder vielleicht auch wie deren Zwiebackvorrat. Und während manche dieser Begriffe im Staub der Zeit verschwunden sind, haben andere einen erfreulichen zweiten Frühling erlebt. Sie erheben sich aus dem Dornröschenschlaf, als wären sie nie wirklich fort gewesen – und bringen eine erfrischende Note der Nostalgie in unsere Gespräche. Im zweiten Teil unserer Serie um fast vergessene Schätze wollen wir Wörter wie „blümerant“ und „Brimborium“ etwas genauer unter die Lupe nehmen und warum man sich in Zeiten von „Influencern“ und „Hashtags“ noch auf den Gebrauch von „Fisimatenten“ besinnen sollte. 

wortschätze

Blümerant: die zarteste Art von Übelkeit

Wenn einem plötzlich blümerant wird, fühlt man sich vielleicht nicht direkt in den Magen geboxt, aber es ist dennoch eine ganz eigene, unangenehme Art von Unwohlsein. Der Begriff beschreibt nicht nur ein flaues Gefühl im Bauch, sondern ist der perfekte Ausdruck für die Reaktion auf zu viele Torten auf der Kaffeetafel oder das unvermeidliche Gefühl, das sich einstellt, wenn man nach einem langen Wochenende das Wort „Montag“ hört. Blümerant – so fühlt sich also der schlechte Start in die Woche an. Ein schöneres Wort für Übelkeit werden Sie wohl nicht finden.

Brimborium: das große Aufheben

Wer kennt es nicht? Das große Brimborium um Dinge, die eigentlich keiner großen Aufmerksamkeit bedürfen. Ein gutes Beispiel sind diese berüchtigten Massen-E-Mails, in denen „das Unfassbare“ verkündet wird – das größte Meeting aller Zeiten, bei dem niemand wirklich versteht, warum es überhaupt angesetzt wurde. Oder diese „ganz besonders aufwendigen“ Einladungen zu einem Geburtstag, der eigentlich nur im kleinen Kreis gefeiert wird. Brimborium bedeutet genau das: einen unverhältnismäßigen Aufwand, der einfach nicht nötig ist, aber immer wieder zum Staunen einlädt.

Fisimatenten: Wer schummelt hier?

Wenig ist ärgerlicher als jemand, der mit Fisimatenten um die Ecke kommt. Das Wort beschreibt eine Art von unnötigen Ausflüchten, die vor allem dann auftauchen, wenn jemand nicht die Bohne von dem tun möchte, wozu er eigentlich verpflichtet ist. Stellen Sie sich vor, Sie erwarten eine Lieferung und der Paketbote kommt mit der klassischen Ausrede: „Es tut mir leid, aber der Verkehr war … nun ja … etwas herausfordernd.“ Diese „Sperenzchen“ oder Fisimatenten machen aus einer einfachen Sache eine komplizierte Geschichte. Einfacher wäre es doch, direkt zu sagen, dass man einfach zu spät dran war, oder?

Gebauchpinselt: ein Hoch auf die Eitelkeit

Sich gebauchpinselt zu fühlen, ist nicht immer ein Zeichen von wahrem Selbstbewusstsein, sondern manchmal auch ein Ausdruck von ... nun ja, Eitelkeit. Wenn man sich nach einer netten Bemerkung über die neue Frisur oder den perfekt gekochten Kaffee über diese „zugeflogenen“ Komplimente freut, dann ist man im Zustand des „Gebauchpinseltseins“. Da lässt sich so manch einer gern von anderen loben – nur um dann mit einem zufriedenen, aber leicht überheblichen Lächeln weiterzuspazieren. Wer könnte es ihm verübeln?

Kanaille – der böse Bube von nebenan

Manchmal hört man das Wort Kanaille und fragt sich, ob man gerade in einem klassischen Abenteuerroman gelandet ist. In der Tat stammt das Wort ursprünglich aus der Zeit, als Bösewichte in Umhängen mit finsteren Blicken die Straßen unsicher machten. Eine Kanaille ist nämlich eine Person, die als böse oder schurkisch angesehen wird – und manchmal auch eine ganze Gruppe von Schurken meint. Früher wurden so wohl eher die düsteren Gestalten der Stadt bezeichnet – heutzutage vielleicht der Typ, der das letzte Stück Pizza klaut und dabei schamlos grinst.

Lustwandeln

Lustwandeln – ein Spaziergang der besonderen Art

In der Hektik des modernen Lebens wird oft vergessen, wie wohltuend es sein kann, einfach mal zu lustwandeln. Dabei ist dies keineswegs ein Spaziergang im klassischen Sinne – es geht um das gemächliche Dahinschlendern ohne Ziel, um die Kunst des Flanierens in einem Park, also um eine Art Entschleunigung, die in der heutigen Welt viel zu oft verloren geht. Statt ins nächste Meeting zu stürmen oder der nächsten Deadline hinterherzuhecheln, wäre es doch viel schöner, ab und zu einfach nur zu lustwandeln und die Umgebung zu genießen. Ein ruhiger Spaziergang im Park kann wahre Wunder bewirken, um den Kopf wieder freizubekommen.

Pöter: ein Wort für alle Fälle – auch beim Lachen

Pöter ist ein recht umgangssprachlicher Begriff, der heutzutage eher selten genutzt wird. Pöter – das menschliche Gesäß – ist in der Vergangenheit vielleicht der ungeschliffene Ausdruck für das Hinterteil gewesen, aber heute ist es ein richtig gutes Beispiel für das, was viele als „volkstümlich“ empfinden. Wenn jemand von seinem Pöter spricht, lässt sich meistens ein schiefes Grinsen nicht vermeiden. Denn die Bedeutung dieses Wortes scheint, als wolle es uns immer wieder an die weniger „feinen“ Aspekte des Lebens erinnern – aber auf eine durchaus humorvolle Weise.

Hallodri – der charmante Schlawiner

Wenn jemand als Hallodri bezeichnet wird, dann ist das meist ein wenig spöttisch gemeint. Ein Hallodri ist oft ein unbeschwerter, leichtfertiger Mann, der gerne das Leben auf seine Weise lebt – und dabei nicht unbedingt viel auf Verantwortung oder Verpflichtungen gibt. Wenn dieser Schlingel mit einem charmanten Lächeln in den Raum tritt, dann weiß jeder: Hier ist ein Typ, der es versteht, das Leben zu genießen, aber nicht gerade als Musterbeispiel für Selbstdisziplin durchgeht. Vielleicht ist er ein wenig unzuverlässig und gibt sich viel mehr mit den schönen Dingen des Lebens zufrieden als mit der Arbeit. Aber irgendwie hat er trotzdem seinen Charme – wenn man ihm nur nicht ständig auf die Finger schauen müsste.

Impertinent – wo bleibt der Respekt?

Ein anderes Wort, das in der Vergangenheit eine deutlich stärkere Rolle spielte, ist „impertinent“. Und wer einmal auf einen richtig impertinenten Menschen gestoßen ist, weiß direkt, wovon wir sprechen. Impertinent beschreibt ein Verhalten, das herausfordernd und ungehörig ist – und zwar auf eine sehr freche, oft respektlose Weise. Wer in der Vergangenheit impertinent war, musste sich oft mit einem strengen Blick und einem deutlichen „Das geht so nicht!“ auseinandersetzen. „Impertinent“ ist das perfekte Wort, um jemanden zu beschreiben, der mit einer gewissen Frechheit die Grenzen des guten Benehmens überschreitet. Im Grunde ein Begriff, der heute ähnlich viele Einsatzfelder zeigt wie einst – aber keine Sorge: Sie werden auf den passenden Moment warten, um diesem „Impertinenzling“ einmal seine Grenzen aufzuzeigen.

Kapriziös – die Kunst der Eigenwilligkeit

Manchmal braucht es einen gewissen kapriziösen Touch, um die eigene Kreativität voll zu entfalten. Launenhaftigkeit und Eigenwilligkeit – das ist es, was das Wort „kapriziös“ ausmacht. Ein kapriziöser Mensch ist jemand, der häufig seine Meinung ändert, unerwartet reagiert und für den Regeln eher optionale Richtlinien darstellen. In einer Welt, in der alles nach Plan laufen muss, wird der kapriziöse Charakter sofort auffallen – sei es als Künstler, der mit seinen Ideen immer wieder überrascht, oder als eine Person, die die Regeln des „normalen“ Lebens konsequent missachtet. Wenn jemand als kapriziös bezeichnet wird, heißt das in der Regel, dass dieser Mensch nicht so einfach in eine Schublade zu stecken ist – und das macht ihn oft besonders spannend.

Saumselig – wenn alles seine Zeit braucht

Nicht zuletzt gibt es das Wort „saumselig“, das eine geruhsame Herangehensweise an Aufgaben beschreibt. Wer als saumselig bezeichnet wird, nimmt sich einfach mehr Zeit, als es die meisten für nötig halten. Es gibt Menschen, die schlicht und ergreifend in Ruhe arbeiten und sich nicht durch hektische Zeitpläne oder das ständige Machen stressen lassen. Vielleicht dauert es ein wenig länger, bis der Bericht fertig ist, oder der Tee braucht eben seine Zeit, um richtig zu ziehen. Aber ist es nicht genau das, was uns in dieser hektischen Welt manchmal fehlt? Ein bisschen weniger Eile, ein bisschen mehr Genuss des Moments? Vielleicht sollten wir uns alle ab und zu eine Portion Saumseligkeit gönnen und das Leben etwas langsamer angehen.

Fazit: alte Wörter, neue Perspektiven

Sprache ist ein lebendiges, sich ständig wandelndes Wesen. Während viele alte Wörter in Vergessenheit geraten sind, bieten sie einen charmanten Blick in vergangene Zeiten und eine einzigartige Möglichkeit, unsere Gedanken auf eine verspielte, kreative Weise auszudrücken. Ob man nun von „blümerant“ oder einem „Hallodri“ spricht: Jedes dieser Wörter trägt eine Geschichte in sich, die uns ermutigen kann, die Sprache wieder mit etwas mehr Freude und Leichtigkeit zu leben. Vielleicht ist es an der Zeit, diese Schätze aus der Vergangenheit wieder in unseren Wortschatz zu integrieren – und beim nächsten Mal, wenn der Kollege ein Brimborium um die kleinste Aufgabe macht, einfach mal mit einem schmunzelnden „Das sind ja alles nur Fisimatenten“ zu antworten.

Sybille Vibrans
„Sprache ist mein Handwerk und meine Leidenschaft. Ich lektoriere, berate, schule und schreibe selbst – mit Kopf, Herz und einer gesunden Prise Humor.“
Sybille Vibrans · Team Leader, German Department and English Department, Apostroph Germany

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