Fragen wir den deutschen Rechtschreibrat: Wie soll gegendert werden?
Auch der deutsche Rechtschreibrat hat eine Meinung dazu. Und die dürfte die Verfechterinnen und Verfechter von Gendersternchen, -Gap bzw. Unterstrich oder auch Doppelpunkt enttäuschen. Denn er empfiehlt zum aktuellen Zeitpunkt die Aufnahme entsprechender Zeichen zur Sichtbarmachung weiterer Geschlechtsidentitäten in der Sprache nicht. Er lehnt sie aber auch nicht kategorisch ab.
Kann ich die Gendersternchen und Co. trotzdem in meinen Texten verwenden?
Jein. Nein, wenn Sie sich in erster Linie an die amtlichen Regelwerke und den Duden halten möchten. Ja, wenn Sie die neuen Zeichen wählen, um die dritte Option explizit anzusprechen. Und wenn Ihnen bewusst ist, dass Sie sich damit beim Schreiben nicht an die derzeitigen Empfehlungen des deutschen Rechtschreibrats halten.
Sie möchten mehr zur geschlechtergerechten Ansprache wissen?
Unser umfassender Ratgeber bietet Ihnen viel Spannendes und zahlreiche Tipps zum Thema. So können Sie eine Art zu gendern finden, die zu Ihnen, Ihrem Unternehmen und Ihrer Kundschaft passt.
Laden Sie sich unser Whitepaper gleich herunter!
Möglichkeiten zu gendern: vom generischen Maskulinum bis zum Gender-Gap
Im Folgenden erläutern wir Ihnen alle Optionen für eine gendergerechte bzw. geschlechtsneutrale Sprache – das generische Maskulinum, die Doppelnennung mit ihren Alternativen, die Umformulierung sowie die neuen Zeichen. So haben Sie alles im Blick und können die Vor- und Nachteile für Ihre Formulierungen abwägen. Am Ende finden Sie Infos darüber, an welche Regeln wir uns halten und nach welchem Schema wir gendern. Gern bieten wir Ihnen auch individuell unsere Hilfe beim Gendern an. Und geben Ihnen Tipps, wie in Ihrem Text gegendert werden könnte.
Das generische Maskulinum wählen
Grammatisch männlich, steht es nicht für den Mann, sondern als Bezeichnung für die jeweilige Funktion, die eine Person innehat: Arzt, Bäcker, Student, Mitarbeiter. So heißt es oft, wenn der Beruf im Vordergrund steht: „Geh mal zum Arzt!“ oder „Ich gehe kurz zum Bäcker“. Auch Formulierungen wie: „Jeder ab 18 Jahren kann in Deutschland wählen“, „Wer das macht, der ist im Recht“ nutzen wir verhältnismäßig oft. In einer Fußnote im Text kann explizit darauf hingewiesen werden, dass das generische Maskulinum verwendet wird und dies für alle Geschlechtsidentitäten gültig ist. Das Wort „mitmeinen“ sollte man eventuell nicht wählen, da es bereits die Meinung transportiert, dass eigentlich nur Männer angesprochen werden.
Pro:
- Es funktioniert unkompliziert. Kurz und knapp, alle menschlichen Identitäten sind abgedeckt.
- Es gibt keine grammatischen und orthografischen Probleme im Text.
Kontra:
- Durch häufigeren Gebrauch anderer Varianten (Doppelnennung, Binnenzeichen) schwindet sein Einsatz und in der Folge wird es weniger als solches verstanden.
- Frauen und andere Geschlechtsidentitäten werden weniger mitgedacht.
Geschlechtsneutrale Varianten zum Gendern nutzen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, keinerlei Geschlecht von Personen erkennen zu lassen und eine diskriminierungsfreie Sprache anzuwenden. Zu geschlechtsneutralen Begriffen bzw. Formulierungen zählen:
die Pluralformen (!) von Partizipien und Adjektiven: Forschende, Beschäftigte, Studierende
Abstrakta: Buchhaltung, Lektorat, Wurstverkauf
„generische Nomen ohne Movierung“: Mensch, Gast
adjektivische Umschreibung: ärztlicher Rat
Relativsätze: Person, die einen Antrag stellt
Pro:
- Alle fühlen sich angesprochen. Das Geschlecht spielt keine Rolle.
- Geschlechtsneutrale Bezeichnungen eignen sich vor allem dann, wenn es keine Infos zum Geschlecht der Adressaten gibt.
- Es gibt keine grammatischen und orthografischen Probleme.
Kontra:
- Bei zusammengesetzten Wörtern können Fragen auftauchen: Schlangenforscher sind zum Beispiel keine Schlangenforschenden.
- Es kann zu Bedeutungsverschiebungen kommen wie in diesem Beispiel: „bei unserer Hotline werden Sie von Ärztinnen und Ärzten beraten“ versus „… erhalten Sie ärztlichen Rat“.
- Relativsätze sind sehr umständlich.
Die Doppelnennung wählen
Die Doppelnennung steht im Bezug zum generischen Maskulinum. Dabei werden neben Männern auch Frauen eindeutig angesprochen. Die Anrede nichtbinärer Menschen fehlt jedoch. Diese Optionen der Doppelnennung gibt es:
Ausführliche Doppelnennung: Sowohl die maskuline als auch die feminine Form werden genannt (Studenten und Studentinnen).
Verkürzte Doppelnennung: Die maskuline Form wird komplett, die feminine verkürzt verwendet (Schüler/-innen).
Klammern: Die feminine Endung wird per Klammern an das maskuline Wort gehängt, also zum Beispiel Mitarbeiter(innen).
Binnenmajuskel: Das Maskulinum und das Femininum werden durch die Binnenmajuskel miteinander verbunden (SchülerInnen).
Pro:
- Bei der Doppelnennung werden Frauen und Männer eindeutig angesprochen.
- Mit Ausnahme der Binnenmajuskel sind die Schreibweisen orthografisch korrekt.
- Die verkürzten Doppelnennungen sind platzsparend.
Kontra:
- Nichtbinäre Menschen werden nicht berücksichtigt.
- Es kann zu Grammatikproblemen kommen, wenn Artikel, Adjektive und Possessivpronomen hinzukommen.
- Die Doppelnennung funktioniert nur grammatisch einwandfrei, wenn Wörter fortlaufend gelesen werden können – nicht korrekt: ein(e) gute(r) Schüler(in).
- Die verkürzte Doppelnennung ist nicht möglich bei Femininum mit Umlaut – nicht korrekt: Arzt/-in.
- Die verkürzte Doppelnennung funktioniert nicht beim Femininum, bei dem ein Teil des Maskulinums weggelassen wird – nicht korrekt: Beamt/-in.
Sie haben Ihre eigene Art zu gendern?
Dann lassen Sie uns das gern wissen. Denn oberste Priorität haben Sie und Ihre Wünsche beim Thema Gendern. Gern richten wir uns danach und setzen sie einheitlich in Ihren Artikeln um.
Die neuen Genderzeichen nutzen
Als „kreatives Zeichen“ für eine geschlechtergerechte Ausdrucksweise existiert in der deutschen Sprache schon seit den 80er-Jahren die Binnenmajuskel. Sie macht das weibliche Geschlecht sichtbar. Allerdings ist sie bis heute orthografisch nicht korrekt. Darüber hinaus legen Verfechterinnen und Verfechter einer gendergerechten Sprache nun Wert darauf, auch nichtbinäre Geschlechtsidentitäten schriftlich wiedergeben zu können. Aus diesem Grund etablieren sich zunehmend Formen, die unter Einsatz verschiedener grafischer Zeichen wie des Gendersternchens (*), des Unterstrichs bzw. des „Gender-Gaps“ (_) oder des Doppelpunkts (:) zustande kommen.
Pro:
- Es werden alle Geschlechtsidentitäten angesprochen, niemand wird nicht explizit berücksichtigt.
Kontra:
- Die Begriffe bauen in den meisten Fällen auf der weiblichen Form auf; so entstehen recht häufig generische Feminina. Der Wunsch nach einer „Sparschreibung“ kollidiert mit dem Formenreichtum im Deutschen. Dadurch dass zum Beispiel grammatische Endungen weggelassen werden, werden Geschlechter teilweise unkenntlich beim Lesen. Dieses Problem betrifft mehrere Wortklassen:
- Substantive: („Idealtypus“ auf -er: die Leser*innen)
Viele Substantive werden beim Gendern umgelautet oder verlieren Buchstaben, was bereits im Nominativ zu Problemen führt: Bäuer*in, Gynäkolog*in, Erober*in, Lektor*innen.
Ähnliche Schwierigkeiten existieren in den weiteren drei Deklinationsklassen. - Artikelwörter und Adjektive: Eine Sparschreibung ist zum Teil schwierig zu lesen und nicht durchgängig durchführbar: ein*e liebe*r Mitarbeiter*in. In vielen Fällen ist die Doppelnennung der Wörter unvermeidlich/üblich: der*die Kollege*Kollegin.
- Pronomen: Eine Sparschreibung ist oft nicht möglich, da maskuline und feminine Formen zu stark voneinander abweichen. Es kommt zu Zeichenhäufungen, zum Beispiel: Jede*Jeder kann sich online an ihren*ihre*seinen*seine Chef*in wenden.
- Weitere Problembereiche: Komposita (Christ*innentum, Schirmherr*frau); Silbentrennung; bei Binnenmajuskel manchmal unklare Begriffe (PolInnen, LeserInnen).
Fazit:
Die gendergerechte Sparschreibung bringt quasi dieselben Probleme mit sich wie die Doppelnennung mit Klammer oder Schrägstrich.
Immer up to date und gut unterhalten – mit dem Apostroph Newsletter
Mögen Sie intelligentes Infotainment? Lieben Sie Sprachhacks, interkulturelle Anekdoten und digitale (Sprach-)Reisen um die Welt? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter.
Ihre Entscheidung ist für die neuen gendergerechten Varianten gefallen?
Dann bieten wir Ihnen unsere Hilfe an und geben Ihnen Tipps. Falls beim Gendern mit den neuen Varianten Schwierigkeiten auftauchen, formulieren wir die betreffenden Wörter gendergerecht um. Aus Student*innen machen wir dann zum Beispiel Studierende. Ist eine Umformulierung nicht möglich, weichen wir auf Doppelnennung mit zwischenstehendem Sonderzeichen aus (Kunde*Kundin). Die männliche Form sollte stets vollständig sichtbar sein – also Mitarbeiter*in ist demnach korrekt, Kolleg*in nicht. Hier würden wir Kollege*Kollegin schreiben, wenn eine Umformulierung nicht möglich ist.
Profitieren Sie von unserer Marktbeobachtung beim Gendern
Als Sprachexpertinnen und -experten beobachten wir laufend den Markt in Deutschland und die Anpassungen des deutschen Rechtschreibrats sowie des Dudens bezüglich des Genderns. Unsere neusten Erkenntnisse geben wir dann natürlich umgehend an Sie weiter bzw. setzen sie im Rahmen unserer Korrekturen um.