Allerdings verweist der Rat auf die Verantwortung, die die Hochschulen für die Bildung und Ausbildung von Lehrkräften tragen – da an den öffentlichen Schulen die Rechtschreibung nach den amtlichen, von den zuständigen staatlichen Stellen beschlossenen Regeln zu unterrichten ist.
Weitere Abkehr von der 1996er-Reform?
Abseits des großen Gender-Themas hat der Rat auf seiner Dezember-Sitzung außerdem eine vollständige Neubearbeitung des amtlichen Wörterverzeichnisses mit Anpassungen des amtlichen Regelwerks beschlossen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind diese Aktualisierungen auf der Website des Rechtschreibrats noch nicht veröffentlicht, sodass man sich bislang nur anhand der in der Pressemitteilung genannten Beispiele ein Bild machen kann. Unter anderem scheinen folgende Änderungen vorgesehen zu sein:
- Zusammensetzungen aus nicht + Adjektiv können künftig auf dreierlei Art geschrieben werden: nichtöffentlich, nicht-öffentlich, nicht öffentlich. Die Variante mit Bindestrich war bislang nicht explizit genannt, jedoch auf Grundlage der Rechtschreibregeln nicht zwangsläufig als falsch anzusehen.
- regenerative Energien dürfen künftig auch mit großem R, also Regenerative Energien, geschrieben werden; Fakenews Fake News als dritte Variante auch mit Bindestrich, also Fake-News.
- Partizipien zu Verben wie faken dürfen in einer Weise geschrieben werden, wie sie dem englischen Partizip nahekommt: Das bisher allein gültige gefakt bleibt weiterhin erlaubt und in attributivem Gebrauch sogar weiterhin allein korrekt (gefakte Nachrichten).
- Verschiedene Eindeutschungen, darunter einige aus den Zeiten der Rechtschreibreform von 1996, werden aus dem amtlichen Verzeichnis gestrichen, darunter „Jogurt“, „Panter“, „Spagetti“ oder „Tunfisch“.
Keine Spagetti mehr?
Ob die Streichung von Jogurt oder Spagetti bedeutet, dass diese Schreibweisen demnächst als falsch anzusehen sind, bleibt abzuwarten; eine solche Entwicklung käme einer weiteren Abkehr von der Reform von 1996 gleich, zumal diese Eindeutschungen von damaligen Reformbefürwortern gern als positive Beispiele genannt wurden. Insgesamt kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, wie die in der Pressemitteilung genannten Beispiele zu interpretieren sind; erst mit der Veröffentlichung der neubearbeiteten Materialien wird hier eine eindeutige Einschätzung abgegeben werden können, zumal die im Rechtschreibrat vereinbarten Neufassungen und Änderungen noch den staatlichen Stellen der deutschsprachigen Länder zum Beschluss vorgelegt werden müssen und erst danach für Schulen und Verwaltung verbindlich werden. Dies wird voraussichtlich nicht vor Juni 2024 geschehen.
Kommasetzung wird verbindlicher
Dies gilt auch für eine Rechtschreibregel, die offenbar geändert werden soll, zu der jedoch kein Beispiel genannt wird: Infinitivgruppen – der sogenannte erweiterte Infinitiv – werden demnach in Zukunft verbindlich mit Komma abgetrennt. Bislang musste gemäß § 75 der amtlichen Regeln ein Komma nur unter bestimmten Bedingungen gesetzt werden, etwa wenn die Infinitivgruppe von einem Substantiv oder einem Verweiswort abhing oder bestimmte Wörter wie um, ohne oder anstatt die Infinitivgruppe einleiteten. In Sätzen wie Wir empfehlen ihm nichts zu verraten, Ich bat ihn sofort zu suchen oder auch Ich hoffe dich bald zu sehen und grüße dich musste kein Komma gesetzt werden. Die Setzung von Kommas wurde jedoch oft empfohlen, um den Satz verständlicher zu machen und besser zu gliedern. Hier zeichnen sich folgende künftige Schreibungen ab:
- Wir empfehlen, ihm nichts zu verraten Wir empfehlen ihm, nichts zu verraten.
- Ich bat, ihn sofort zu suchen Ich bat ihn, sofort zu suchen bzw. Ich bat ihn sofort, zu suchen (in der letzten Bedeutung, da dort ein einfacher und kein erweiterter Infinitiv vorliegt, vermutlich auch weiterhin ohne Komma erlaubt).
- Ich hoffe, dich bald zu sehen, und grüße dich.
Wie in den anderen Punkten wird jedoch auch hier abzuwarten sein, wie die Neubearbeitung im Einzelnen ausfallen wird. Zudem darf man gespannt sein, wie die Beschlüsse und Aktualisierungen des Rechtschreibrats in die zu erwartenden Neuauflagen der Rechtschreibwörterbücher eingearbeitet werden.

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