– und die Organisation Internationale de la Francophonie hat natürlich Empfehlungen zum gendersensiblen bzw. gendergerechten Schreiben veröffentlicht.
Diese Empfehlungen spiegeln auch die der UNO wider. Das Office québécois de la langue française, das Bureau de la traduction aus Kanada, die Direction de la langue française in Belgien und die Sektion Terminologie der zentralen Sprachdienste der Bundeskanzlei in der Schweiz empfehlen auch mit wenigen kleinen (aber feinen!) Unterschieden mehr oder weniger dasselbe.
Auch für die Französisch sprechende Bevölkerung Afrikas gibt es Empfehlungen: Die Union africaine hat seinen Mitgliedsstaaten einen entsprechenden Leitfaden zur Verfügung gestellt.
Aber wie sieht es für die französische Sprache in Frankreich aus?
Auch hier gibt es natürlich Empfehlungen.
Nur die des Haut Conseil à l’égalité entre les femmes et les hommes der Französischen Republik widersprechen denen der Académie française, die in Frankreich entscheidet und normiert, wie die Sprache offiziell zu verwenden ist, obwohl es seit 1903 unter den 40 „Unsterblichen“, wie man ihre Mitglieder bezeichnet, keinen Linguisten mehr gibt.
Die Académie française geht konservativ vor. Das Französische basiert wie die deutsche Sprache auf dem generischen Maskulinum, das Männer und Frauen repräsentieren soll. Daran darf nichts geändert werden. Auch heute noch nicht. Selbst dann nicht, wenn man von 99 Frauen und einem Mann spricht. Die Académie stempelte außerdem noch im Jahr 2014 feminine Berufsbezeichnungen wie „chirurgienne“ (Chirurgin) als Barbarismus (allgemein Deutsch: Sprachwidrigkeit) ab. Allerdings ist die Académie diesbezüglich inzwischen etwas flexibler geworden und verkündete 2019: „Il convient de laisser aux pratiques qui assurent la vitalité de la langue le soin de trancher : elles seules peuvent conférer à des appellations nouvelles la légitimité dont elles manquaient à l’origine“ (auf Deutsch: Die Entscheidung sollte denPraktikern bzw. der Praxis überlassen werden, die die Vitalität der Sprache gewährleisten: Nur sie können neuen Bezeichnungen die Legitimität verleihen, die ihnen ursprünglich fehlte).
Ich denke, es hängt einfach ganz davon ab, für wen der Text bestimmt ist bzw. um welche Textart es sich handelt!
Französisch, auch eine inklusive Sprache?
Im Gegensatz zum Deutschen kann man Französisch sogar komplett „nicht binär“ mit neugebildeten genderfreien bzw. hybriden Pronomen verwenden. Die Verwendung dieser Sprachform ist aber noch sehr selten und fühlt sich beim Schreiben/Lesen noch sehr fremd an. Meines Erachtens dient sie lediglich einem politischen/soziologischen Zweck und hat zum aktuellen Zeitpunkt noch gar nicht offiziellen Status, obwohl das neue Pronom „iel“, das genderneutral ist, 2021 seinen Platz im Lexikon Le Robert bekommen hat.
Mir ist immer noch nicht weniger schwindelig geworden.
Eher im Gegenteil!
Weil es längst nicht mehr reicht, einen Text einfach zu übersetzen. Fragen über Fragen: Französisch für welches Land? Welches Publikum soll den Text bekommen? In welchem Stil soll er verfasst werden? Sind Glossare notwendig? Welchem Zweck dient der Text? Und – ganz wichtig – ist eine gendersensible Sprache erwünscht oder ist eine solche für den jeweiligen Zweck kontraproduktiv? Und nicht zuletzt, je nach Kontext: Wünscht sich unser Kunde nicht nur eine gendersensible, sondern auch eine Sprache, die wirklich alle Geschlechter anspricht, auch die nichtbinären?
Nur so können wir den Interessen unserer Kunden am besten gerecht werden und seine Botschaft zeitgemäß, akkurat und zielgenau vermitteln. All das macht das Schreiben und Übersetzen nicht weniger kompliziert, aber noch viel spannender und herausfordernder!

Haben Sie Fragen rund um die Themen Sprache und Corporate Language oder benötigen Sie Unterstützung bei der Erarbeitung eines Styleguides?
