Außerdem bin ich ein typisches Frühlingskind: Ich liebe es, wenn die Vögel mich morgens aus dem Bett zwitschern und die ersten wärmenden Sonnenstrahlen mich an der Nase kitzelnd ins Freie locken, um all die Schneeglöckchen, Blausternchen und Buschwindröschen im Park zu begrüßen. Der Lenz, das ist meine Jahreszeit!
So wie mir geht es wohl den meisten Menschen: Jeder Frühling taucht unsere Welt in bunte Farbenpracht und hellen Optimismus, die Lebensgeister melden sich gestärkt zurück und wir selbst erwachen voller Energie und Tatendrang mit neuen Plänen. Da ist es nicht verwunderlich, dass es rund um den Globus verschiedenste Traditionen und Bräuche gibt, das Frühjahr willkommen zu heißen. Einige besonders schöne oder auch originelle Feste möchten wir Ihnen heute vorstellen.
Sobald im Rahmen der Blühprognose (Sakurazensen, übersetzt „Frontlinie der Kirschblüten“) verkündet wird, dass die Blüte in der eigenen Region kurz bevorsteht, heißt es schnell sein, denn das Zeitfenster für das blumige Beisammensein ist mit etwa zehn Tagen Blühdauer recht begrenzt. Nicht selten wird jemand auserkoren, der schon am Abend zuvor oder frühmorgens den besten Platz unter dem schönsten Kirschbaum im Park freihalten darf. Dann kommen die Menschen in Gruppen zusammen, um gemeinsam unter der rosa und weiß blühenden Pracht ausgiebig zu picknicken, (Karaoke) zu singen, Gedichte zu rezitieren und einfach dem wiedererwachten Leben ringsum zu frönen. Für viele ein Highlight ist ein Spaziergang durch den vom Wort für Schneesturm (Fubuki) abgeleiteten Blütensturm Sakurafubuki, wenn nach der üppigen Blüte die vielen Blütenblätter herabfallen und zuhauf im Winde davonwehen.
Kirschblütenfeste werden inzwischen auch in anderen Ländern begangen. In Deutschland feiert man Hanami beispielsweise seit 1968 in Hamburg, wo das Fest jedes Jahr unter großem Ah und Oh zehntausender Menschen mit einem riesigen Feuerwerk über der Außenalster ausklingt. Alle zwei Jahre wird sogar eine Kirschblütenprinzessin als Hamburgs Sonderbotschafterin für Japan gewählt – ein besonderes Privileg, das die einflussreiche „Japan Cherry Blossom Association“ außer an die Hansestadt nur noch an Melbourne und Washington vergeben hat.
In der ersten Nacht des Holi-Festes wird darum traditionell ein Feuer entzündet , in dem eine Holika-Strohpuppe verbrannt wird. Wenn Holi gefeiert wird, ist jeder Mensch dem anderen (zumindest für diese Zeit) ebenbürtig, ganz unabhängig von Alter, Geschlecht oder Stand. Fröhlich „Holi Hai“ („Frohes Holi-Fest!“) rufend, bewerfen die Menschen einander mit Farbpulver oder reiben sich damit ein, gießen eimerweise bunt gefärbtes Wasser vom Balkon und feiern bei Tanz und Musik. Auf diese farbenprächtige Weise wird der eintönige Winter verabschiedet und die erwachende Natur in all ihrer bunten Vielfalt begrüßt. Das oft auch als Fest der Liebe bezeichnete Fest zeugt zugleich vom Sieg des Guten über das Böse. Deshalb sollte jeder Holi zum Anlass nehmen, Streitigkeiten zu beenden und sich zu versöhnen.
Das Holi-Fest ist ebenfalls über die Landesgrenzen hinaus bekannt, selbst in unseren Nachrichten wird jedes Jahr darüber berichtet. Wenn Sie Lust auf etwas Farbe in Ihrem Leben haben, müssen Sie übrigens nicht unbedingt nach Indien fliegen, denn inzwischen gibt es in verschiedenen deutschen Städten von dem Fest inspirierte Farbrausch-Musikfestivals.
Die Menschen verbringen zunächst Zeit mit ihrer Familie, würdigen die Familienältesten und besuchen Tempel. Als Fest der Säuberung und Erneuerung nimmt der Brauch des Wasserwerfens einen wesentlichen Stellenwert ein. Was einst als Form der rituellen Waschung begann, endet heutzutage in regelrechten Wasserkämpfen an öffentlichen Plätzen, bei denen sich Massen von Menschen unter Zuhilfenahme von Wasserpistolen, Hochdruckschläuchen und Eimern völlig durchnässen. Die Großstadt Chiang Mai – übrigens auch Rose des Nordens genannt – ist dabei Schauplatz der größten Festaktivitäten des Landes. Sauber sind Sie nach so einem Ereignis in jedem Fall von Kopf bis Fuß!
Dies vollzieht man an bestimmten den Göttern geweihten Orten, die von den alten Zivilisationen einst in Abstimmung auf die Himmelskörper errichtet worden waren. Darum versammeln sich viele Menschen landesweit zu speziellen Zeremonien an verschiedenen archäologischen Stätten, etwa in der Ruinenstadt El Tajín nahe der Stadt Papantla im Bundesstaat Veracruz, an der Sonnen- und der Mondpyramide in der Ruinenmetropole Teotihuacán im Bundesstaat México oder an der Maya-Ausgrabungsstätte von Chichén Itzá auf der Halbinsel Yucatán.
Besonders eindrucksvoll ist das „Schauspiel der gefiederten Schlange“ an der Kukulcán-Tempelpyramide, dem berühmtesten Gebäude von Chichén Itzá. Jedes Jahr zur Frühjahrstagundnachtgleiche (und ebenso im Herbst) wirft die Sonne am späten Nachmittag für etwa eine Stunde ihr Licht auf die Pyramidenstufen der Nordseite, deren Treppe in zwei steinernen Schlangenköpfen endet. Durch das Spiel von Licht und Schatten wird der Eindruck erweckt, als würde sich eine Schlange die Stufen entlangwinden. Da nur die Nordseite diese Schlangenköpfe aufweist, kann man davon ausgehen, dass die Maya ihr astronomisches Wissen beim Bau der Pyramide genutzt haben, um diesen Effekt gezielt durch den richtigen Neigungswinkel von Pyramide und Treppe zu erzeugen. Fürwahr ein großartiges Frühjahrsnaturspektakel!
Blumenteppiche, eine Blumenausstellung und ein Blumenmarkt dürfen natürlich nicht fehlen. Auch Oldtimer-Liebhabern blüht bei dem Fest das Herz auf: An zwei Wochenenden erfreuen sie sich bei den Autoparaden Madeira Auto Parada und Madeira Classic Car Revival an dem Glanz klassisch schöner Flitzer.
Am ersten Samstagmorgen des Festivals findet ein ganz besonderer Umzug statt: Kinder gehen dann zum Platz „Praça do Município“ und errichten dort eine Mauer der Hoffnung aus Blumen, die für ein friedliches Miteinander auf der Welt steht – ein so wichtiges Symbol angesichts der vielen aktuellen Geschehnisse weltweit!
Dieses Fest geht ursprünglich wohl auf einen Brauch aus dem 19. Jahrhundert zurück, bei dem die valencianischen Zimmerleute gegen Ende des Winters die nicht mehr benötigten Gestelle für Lampen und Kerzen verbrannten. Im Laufe der Zeit gestaltete man die simplen Holzvorrichtungen immer kunstvoller aus und verbrannte sie dann am 19. März zu Ehren des Heiligen Josef, der selbst Zimmermann war und als Schutzpatron der Zimmerleute gilt. Von damals bis heute sind die namensgebenden Fallas zu riesigen, meist über zehn Tonnen schweren Figuren aus Holz und Pappmaché mutiert. Sie werden von den einzelnen Stadtteilvereinen zu Repräsentationszwecken bei Künstlern und Handwerkern in Auftrag gegeben und dann Monate im Voraus in liebevoller Detailarbeit hergestellt. Die Fallas zielen dabei nicht selten darauf ab, Politik und Prominenz aufs Korn zu nehmen.
Ein Höhepunkt des Festes ist die Ofrena de Flors, ein zwei Tage andauernder „Opfergang“ durch die Straßen der Stadt zu Ehren der Heiligen Jungfrau der Hilflosen. Ziel dieses Umzugs der traditionell gekleideten Menschen aus jedem Stadtteil ist der Plaza de la Virgen. Dort ist eine überdimensional große, etwa 14 Meter hohe Holzstatue der Heiligen Jungfrau aufgestellt. Die Falleros und Falleras genannten Teilnehmenden überbringen als Opfergabe mehr als 50 Tonnen Blumen, aus denen dann das Kleid der Madonna gesteckt wird. Das mehrtägige Frühlingsspektakel mit Musik, Tanz, Gesang und Feuerwerken findet seinen Höhepunkt in der abendlichen Verbrennung (Cremà) der weit über 700 Fallas am Josefstag. Die drei schönsten Figuren werden allerdings nach ihrer Kür nicht den Flammen, sondern dem „Museo Fallero“ zu dauerhaften Ausstellungszwecken übergeben. Wenn Sie also einmal in Valencia sind, lassen Sie sich diese Frühlingswerke nicht entgehen.
Da das 3 bis 4 kg schwere Käserad bei seinem Weg die 180 Meter des sehr steilen Hügels hinunter eine Geschwindigkeit von bis zu 110 km/h erreicht, ist es im Grunde aber nicht einzuholen. Folglich siegt am Ende die Frau und der Mann, die es als Erste über die Ziellinie unten am Fuß des Hügels schaffen. Als Gewinn winken neben dem Käse blaue Flecken, blutige Knie und oft sogar Knochenbrüche. So hat man vermutlich noch wochenlang bleibende kulinarische und körperliche Erinnerungen an dieses tollkühne Event!
Frühlingsstille auf Bali
Wenn Ihnen diese Aktivitäten etwas zu schwer im Magen liegen, haben wir zum Abschluss noch ein geruhsameres Highlight für Sie: Nyepi auf Bali, das Neujahrs- und Frühlingsfest zugleich ist. Nyepi heißt übersetzt „Tag der Stille“ – und das können Sie wörtlich nehmen! Diesen höchsten hinduistischen Feiertag begeht man im März am Tag nach Neumond während der Tagundnachtgleiche. Einige Tage zuvor findet zunächst Melasti statt, ein Ritual, bei dem heilige Objekte aus den Tempeln zu Wasserstellen gebracht werden, damit der Wassergott Baruna sie reinigt. Auf diese Weise soll der Jahreskreis symbolisch rein begonnen werden. Am Tag vor Nyepi wird bei karnevalsähnlichen Umzügen ausgelassen gefeiert. Zentraler Bestandteil sind die Ogoh-Ogoh-Paraden. Die Ogoh-Ogoh-Figuren sind riesige, aufwändig gestaltete Monster aus Bambus und Pappe, die die bösen Geister symbolisieren. Nachdem man sie mit Opfergaben gelockt und durch die Straßen gefahren hat, werden sie unter Begleitung von Trommelmusik verbrannt und alle Dämonen somit „ausgetrieben“.
Einigen Quellen zufolge ist das Schweigen an diesem Tag darin begründet, dass die Menschen auf Bali den eventuell einkehrenden bösen Dämonen mit der Stille und Dunkelheit vortäuschen wollen, dass die Insel verlassen sei. Dadurch ziehen diese dann weiter, ohne den Menschen Schaden zuzufügen. In jedem Fall bietet Nyepi einen Tag lang Zeit, um wirklich mal abzuschalten, zu entschleunigen und sich auf sich selbst zu besinnen! Nyepi steht somit für einen Neuanfang in spiritueller Reinheit.
Na, haben wir bei Ihnen jetzt Frühlingsgefühle geweckt? Kennen Sie vielleicht sogar weitere schöne Feste und Bräuche, mit denen der Lenz empfangen wird? Oder haben Sie selbst ein individuelles Ritual, um das Frühjahr mit offenen Armen willkommen zu heißen? Schreiben Sie uns – wir freuen uns darauf, die wärmere Jahreszeit ganz in Ihrem Sinne zu begrüßen!

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