Darüber hinaus werden mehr als 300 Sprachen an britischen Schulen gesprochen, wobei Englisch hier für über 20 % der Grundschulkinder den Stand einer Zweitsprache gegenüber der zu Hause verwendeten Sprache einnimmt. Doch was sind das für Sprachen? Warum werden sie in Großbritannien gesprochen? Und welche davon sind die gebräuchlichsten?
In einem unserer vorherigen Beiträge haben wir uns schon mit einheimischen Sprachen Großbritanniens befasst. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf die 10 meistverwendeten nicht einheimischen Sprachen.
Osteuropäische Sprachen an der Spitze
Laut jüngsten Erhebungen aus dem Jahr 2021 kann Polnisch unter den Menschen, deren Hauptsprache nicht Englisch ist, als meistgenutzte Sprache angesehen werden. Damit bleibt die westslawische Sprache ungebrochen an der Spitze – wie schon bei der vorhergehenden Erhebung 2011. Etwa 612.000 Menschen und damit knapp über 1 % der britischen Bevölkerung sprechen Polnisch. Die Zahl polnischer Einwanderer in Großbritannien nahm während des Zweiten Weltkriegs und kurz danach erheblich zu. Ein erneuter Anstieg konnte wieder 2004 verzeichnet werden, als Polen der EU beitrat.
Als nächste nicht einheimische Sprache, die häufig in Großbritannien anzutreffen ist, gilt Rumänisch. Belegte sie 2011 noch den 19. Platz, so ist sie im jüngsten Ranking an die 2. Stelle vorgerückt. Mit nun zirka 472.000 Menschen hat sich während dieses Zeitraums die Rumänisch sprechende Bevölkerung um das Siebenfache erhöht. Ähnlich wie für Polen wuchs auch die Zahl rumänischer Migranten im Vereinigten Königreich stetig, nachdem das Land 2007 EU-Mitglied geworden war. Anders als Polnisch gehört Rumänisch zur romanischen Sprachfamilie und hat mit Französisch und Spanisch mehr gemein als mit den Sprachen, die in den unmittelbar angrenzenden Ländern gesprochen werden.
Sprachen des asiatischen Kontinents weiterhin auf vorderen Plätzen
Durch die Zunahme des Rumänischen seit 2011 ist Punjabi gemäß den Erhebungen auf den 3. Platz zurückgefallen. Für rund 291.000 Menschen macht Punjabi die Hauptsprache in Großbritannien aus, dabei lebt fast ein Drittel davon in den West Midlands. Die Region Punjab, die heutzutage zwischen Pakistan und Indien aufgeteilt ist, war während der Kolonialzeit eine Provinz Britisch-Indiens. Nach dem Zweiten Weltkrieg förderte die britische Regierung die Auswanderung der einheimischen Bevölkerung, um den Arbeitskräftemangel abzuwenden. 20 Jahre später verfügte der ugandische Präsident Idi Amin die Vertreibung asiatischer Menschen aus dem ostafrikanischen Land, Punjabi eingeschlossen. Viele fanden in Großbritannien eine neue Heimat, folglich stieg auch die Zahl der Punjabi sprechenden Einwohner an.
Mit jeweils knapp 200.000 Nutzern befinden sich Bengali und Gujarati an 8. und 9. Stelle der Liste. Menschen mit diesem sprachlichen Hintergrund kamen ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wegen der bereits erwähnten wirtschaftlichen Gründe verstärkt nach Großbritannien. Jedoch ist im Gegensatz zu Punjabi und Urdu die Zahl der Bengali und Gujarati Sprechenden seit der letzten Erhebung gesunken, weshalb die Sprachen im Ranking um 4 Positionen nach unten gerutscht sind.
Top-Ten-Plätze für südeuropäische Sprachen und Arabisch
Seit der vorigen Erhebung konnte Portugiesisch 4 Plätze gutmachen und ist jetzt mit rund 225.000 Sprechenden die am fünfthäufigsten verwendete nicht einheimische Sprache in Großbritannien. Gleich danach folgt an 6. Stelle mit etwa 215.000 Menschen der sprachliche Verwandte, das Spanisch. Aufgrund der religiösen Verfolgung kamen portugiesische und spanische Juden im 17. Jahrhundert nach England. Von ihnen stammt übrigens auch die Tradition, gebratenen Fisch zu essen – ein Gericht, das später serviert mit Pommes frites immer mehr kulinarische Berühmtheit erlangte und heutzutage als das klassische britische Gericht schlechthin gilt. In den letzten Jahrzehnten hat die Einwanderung aus diesen beiden Ländern stetig zugenommen und sich die Zahl der Portugiesisch und Spanisch sprechenden Bevölkerung seit 2011 damit verdoppelt.
Neu in den Top Ten ist Italienisch. Die Daten der jüngsten Erhebung zeigen, dass rund 160.000 Menschen in Großbritannien Italienisch sprechen. Etwa die Hälfte davon lebt in London, die Italiener sind nun sogar die am meisten vertretene ausländische Nationalität in der Hauptstadt. Eine kleine, aber einflussreiche italienische Gemeinde entfaltete sich während der Renaissance in England, gefolgt von mehreren kleineren Einwanderungswellen im 18. und 19. Jahrhundert. Nach einer Ruhephase in den Nachkriegsjahren kommen inzwischen wieder mehr Italiener ins Vereinigte Königreich.
Komplettiert werden die Top Ten durch Arabisch, das mit zirka 204.000 Sprechenden den 7. Platz einnimmt. Arabisch ist in den meisten Ländern Nordafrikas und des Mittleren Ostens Amtssprache, weshalb diese Region auch als arabische Welt bezeichnet wird. Bereits seit dem Mittelalter bestehen enge Handelsbeziehungen zwischen England bzw. dem späteren Großbritannien und den arabischen Ländern. Die ersten Jemeniten wanderten in den 1860er-Jahren aus, sie bilden folglich die am längsten etablierte arabische Gemeinde in Großbritannien mit aktuell rund 80.000 Personen. In letzter Zeit ist ein konstantes Wachstum an arabischen Einwanderern in Großbritannien zu verzeichnen. Davon zeugt auch der Fakt, dass die Arabisch sprechende Bevölkerung um nahezu 30 % allein in den letzten zehn Jahren zugenommen hat.
Die Top Ten der nicht einheimischen Sprachen Großbritanniens
Zum Abschluss haben wir hier nochmals die 10 meistverwendeten nicht einheimischen Sprachen in Großbritannien mit der ungefähren Zahl an jeweils Sprechenden zusammengestellt:
1. Polnisch (612.000)
2. Rumänisch (472.000)
3. Punjabi (291.000)
4. Urdu (270.000)
5. Portugiesisch (225.000)
6. Spanisch (215.000)
7. Arabisch (204.000)
8. Bengali (199.000)
9. Gujarati (189.000)
10. Italienisch (160.000)
Unser Beitrag gibt natürlich nur einen groben Überblick über die vielen verschiedenen Sprachen und Dialekte, die in Großbritannien gesprochen werden. Ob nun einheimische Sprachen oder im Zuge der Einwanderung heimisch gewordene Sprachen – jede von ihnen spielt eine wesentliche Rolle in der britischen Geschichte, Kultur und Identität.
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