Corona und Sprache

Von Ausgangssperre bis Zoomdinner: wie sich Corona auf unsere Sprache auswirkt.

Corona hat auch unsere Sprache infiziert: Innerhalb der letzten Monate sind viele hundert Wörter der deutschen Sprache gebildet worden, die unsere neue Lebensrealität mit Corona beschreiben. Und es kommen täglich neue hinzu.

Schreibmaschine auf einem Tisch

Impfdrängler oder Impftourist sind beispielsweise Begriffe unserer jüngeren Coronavergangenheit, andere wie Lockdown nummerieren wir hingegen bereits und das rätselhafte Wortgebilde Brückenlockdown wird es wahrscheinlich in die nächste Büttenrede schaffen. Bei anderen Begriffen ist es zu einer Bedeutungsverschiebung gekommen. Denn wer denkt bei AHA noch an Morten Harket, bei Epizentrum an ein Erdbeben, bei Drive-in an McNuggets oder bei Welle ans Surfen?

Coronamüde und tiefenerschöpft?

Sicherlich ist auch Ihr Wortschatz um einige Coronawörter reicher geworden. Vielleicht verbieten Sie es sich und Ihrer Kontaktperson mittlerweile sogar schon, die C-Wörter in den Mund zu nehmen. Weil Sie einfach mal wieder über etwas anderes sprechen wollen, wenn Sie einen Platz in der Außengastronomie ergattert haben … zum Beispiel über Ihren anstehenden Urlaub. Doch auch hier lauern die neuen Wortschöpfungen.

Denn Sie fühlen sich jetzt nicht mehr überarbeitet, sondern overzoomed oder auch pandemiebedingt ferienreif. Die Wetteraussichten sind nicht schlecht, das Coronatief hat sich endlich verzogen und mit ihm die Viruswolken. Die Sonnenstunden siegen über die Inzidenzwerte.

Sollten Sie sich wieder ins Flugzeug trauen, zerbrechen Sie sich wahrscheinlich nicht mehr den Kopf darüber, ob die Nagelschere mit ins Handgepäck darf, sondern ob Ihr Impfausweis oder der PCR-Test auch im Urlaubsland gilt.

Sogar am Strand kommt es zunächst auf nackte Tatsachen an: After-Corona-Body oder Sixpack dank regelmäßiger Wohnzimmer-Work-outs? Aber keine Angst, das ist genauso wie in der Vor-Corona-Welt, die Wichtigkeit nimmt von Aperol zu Aperol an der Beachbar ab und Sie und Ihr Gegenüber werden immer lockerer.

Es hat gefunkt: neue Wortzusammensetzungen

Apropos Partner – die Pandemiezeit lässt nicht nur uns etwas näher zusammenrücken. Einige Zahlen und Buchstaben nehmen es sogar wörtlich. So bilden immer mehr vermeintlich nichtssagende Zahlen mit eigentlich unspektakulären Wörtern ein Kompositum und treten vereint sehr selbstsicher auf.

Man denke an den 15-km-Radius, die 50er-Marke oder das 7-Tage-R. Am meisten Beachtung ist wohl der 19 zuteilgeworden, vorher eine einsame Primzahl, jetzt fest liiert mit Covid.

Nichtsdestotrotz ist das Paar sehr offen für neue Bekanntschaften: Covid-19-Bürgertelefon, Covid-19-Kohorte oder Covid-19-Hund, um nur einige zu nennen. Getrennt haben sich hingegen Ü-50 und Party, es gab keine gemeinsame Grundlage mehr in der neuen Normalität.

Auch manch neuartige gemeinschaftliche Zusammenkünfte, die sich im Social Distancing etablierten, wie Fensterkonzerte oder Balkonklatscher, verlieren mit sinkendem R-Wert immer mehr ihren Zauber. Wer es sich leisten kann, geht jetzt zur Geimpftenparty. Dresscode: leger und von der Coronamatte befreit. FFP2-Masken in sommerlichem Bleu oder Rosé geben den Ton an. Hausverbot haben Multispreader, Querdenker und Risikorückkehrer.

Jede Krise hat ihre Sprache

Dass sich außergewöhnliche Ereignisse auf die Sprache auswirken und neue Wortschöpfungen hervorbringen, ist nicht neu. Man denke an die Begriffe Rosinenbomber aus der Nachkriegszeit oder an Nine Eleven.

Es trägt dazu bei, das Geschehen zum einen zu benennen und zu verstehen und zum anderen auch zu verarbeiten. Dabei kann Sprache die Situation sowohl dramatisieren wie zum Beispiel mit Wörtern wie Coronadiktatur als auch verharmlosen wie mit der Verniedlichung Corönchen.

Einige Coronabegriffe werden sich mit der Zeit aus unserem Wortschatz schleichen, andere vielleicht so fest verankern, dass wir sie auch weiterhin und dann aber möglicherweise in einem anderen Zusammenhang nutzen werden. Vielleicht heißt es dann nicht mehr, die Wahl zwischen Pest und Cholera, sondern die Wahl zwischen Pest und Corona haben. Seien wir gespannt.

Auf welches Wort oder welche Redewendung à la Bleiben Sie gesund! möchten Sie nicht mehr verzichten?

Nadja Plaßmann
„Nadja Plaßmann mag Kurzgeschichten und lange Spaziergänge. Sie schlägt gern Wurzeln und wünscht sich manchmal Flügel. Seit 2006 korrigiert und lektoriert sie bei Apostroph Germany fremde Texte und verfasst wunderbare eigene.“
Nadja Plaßmann · Language Consultant, Apostroph Germany

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